11.10. bis 16.11.2025
Tino Zimmermann (geb. 1990) verarbeitet in seinem fotografischen Langzeitprojekt „Developments“ persönliche Erfahrungen und die gesellschaftliche Problematik Heranwachsender im strukturschwachen Brandenburg nach der Wende: Perspektivlosigkeit, Vereinsamung, Rückzug, Suchtbelastungen, Abhängigkeitserkrankungen. Er entdeckte das Fotografieren als strukturierende Praxis, um - nach einer drogeninduzierten Psychose und Selbstentlassung aus der Psychiatrie - Stabilität zu finden. Sein Ansatz ist experimentell. Zunächst geht es Tino Zimmermann darum, die Technik der analogen Kamera und des Fotografierens zu verstehen. Es entstehen tausende Momentaufnahmen seines alltäglichen Lebens und seines Umfelds. Tino Zimmermann entwickelt eine ungeschönte, ehrliche Bildsprache, die in ihrer Intimität manchmal verstörend wirkt.
2024 erscheint sein Künstlerbuch „Developments“ im Selbstverlag. In über 500 Seiten setzt sich der Künstler in einer Mischung aus Fotografien, Texten und Screenshots mit seiner Biografie der Jahre 2011 bis 2017 sowie dem Prozess des analogen Fotografierens auseinander. Das Buch wird zum Ausgangspunkt weiterer künstlerischer Arbeiten. In einer Rauminstallation im STUDIO der Kunsthalle Mannheim 2024 reflektieren wand- und bodenfüllende Fotoprints schizophrene Zustände. Das fotografische Festhalten von Realität wird in eine vielschichtige Beschreibung von Wahrnehmungs- und Gefühlszuständen transferiert. Tino Zimmermanns Ausstellung im Stadtmuseum Crailsheim widmet sich den Themen Selbstakzeptanz, soziale Herkunft und mentale Gesundheit, unter anderem mit der Praxis der optischen Verfremdung. Mit seinen künstlerischen Interventionen möchte Tino Zimmermann gesellschaftliche Stigmata hinterfragen und zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen beitragen.
Tino Zimmermann studierte von 2016 bis 2018 Fotojournalismus und Dokumentarfotografie in Hannover und von 2018 bis 2024 Freie Kunst an der Kunstakademie Karlsruhe bei Prof. Daniel Roth. Er war von 2020 bis 2024 Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und ist seit Juli 2025 Stipendiat des postgradualen Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendiums. Tino Zimmermann lebt und arbeitet als freischaffender Künstler in Templin.
Sonntag, 16. November, 17 Uhr
Bis einschließlich 16. November bietet die Foto- und Collagenausstellung des Brandenburger Künstlers Tino Zimmermann Besucherinnen und Besuchern einen intensiven Einblick in die Gefühls- und Ausdruckswelt des Protagonisten. Die Finissage am 16.11.2025 um 17.00 Uhr im Stadtmuseum lädt dazu ein, dessen lebensgeschichtliche Entwicklungen mit anderen Biographien abhängigkeits- und psychisch erkrankter Menschen in Beziehung zu setzen. Die Veranstaltung ist eine Kooperation mit der Jugend-Sucht-Beratungsstelle des Landkreises Schwäbisch Hall.
Zimmermann hat auch mithilfe seiner Fotografie zu einer schonungslosen Auseinandersetzung mit eigenen inneren Konflikten, Krankheitserleben und sozialen Dynamiken in seinem Umfeld gefunden, wie die Ausstellung DEVELOPMENTS im Crailsheimer Stadtmuseum eindrücklich beweist.
Im Gespräch bei der Finissage wird er über die Hintergründe dieser Entwicklungen berichten, die ihn zu dem Künstler – und vor allem dem Menschen reifen – ließen, der er heute ist. Ferner kommen Betroffene zu Wort, die ähnliche oder ganz andere Erfahrungen gemacht haben und Einblicke in ihre Erlebnisse aus den Bereichen der (Substanz)Abhängigkeit und psychischer Erkrankung geben werden.
Es besteht die Möglichkeit, in diesem Rahmen Fragen an die Gesprächsrunde zu stellen und sich über die Angebote der Suchthilfe vor Ort zu informieren.
Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung von der Künstlerin Xenia-Xusha.
Der Eintritt ist frei.